Interview mit Burkhard Driest

geführt von Jochen Stinauer

  

   

  

Tatablauf und Gründe für Burkhard Driests Banküberfall spielen weder im Buch noch im Fernsehfilm eine Rolle, und verständlicherweise spricht der 34jährige nicht sehr gerne über das Jahr 1965, den Überfall in der kleinen Stadt Burgdorf bei Hannover, der ihm fünf Jahre Zuchthaus einbracht, von denen er dreieinhalb Jahre absitzen musste.

 

Am Drehort im Hamburger Gefängnis Fuhlsbüttel erzählte Driest die Vorgeschichte: "Zwei Minuten vor Eins hielt ich mit dem gestohlenen Wagen vor der Sparkasse. Als ich mich im Vorraum maskierte, sah ich, wie der Kassierer mit Schlüsseln aus dem Hinterausgang raus ist. Ich ging trotzdem rein. Außer den vier Angestellten war kein Kunde in der Sparkasse. Ich hielt den ungeladenen Revolver vor, bekam 7000 Mark und rannte raus. Draußen standen der Kassierer und ein weiterer Mann. Sie sahen mich an, taten nichts, waren verwirrt und ratlos wie ich. Der Wagen sprang nicht an. Jetzt gibt's Knast, dachte ich, fünf Jahre. Das wusste ich, hab' ja Jura studiert. Ich nahm mir vor, dreimal versuchst du es noch mit dem Anlassen, dann haust du zu Fuß ab.

 

Passanten standen um mich herum und diskutierten, ob es an der Zündung oder am Vergaser liege. Ich höre in der Ferne die Sirene des Polizeiwagens - jetzt sitzt du in der Falle, glaubte ich. Als ich von weitem schon das Blaulicht sehen konnte, sprang die Kiste an: es war wie Glockenläuten.

Ich fuhr los, und als ich dem Streifenwagen begegnete, fuhr er vorbei. Ich bog links an, die Polizei kehrte später um, folgte mir, aber ich konnte abhauen. In einem Waldstück stieg ich in einen anderen Wagen um, den eine Studentin lenkte; die wusste aber nicht, worum es ging. Wir fuhren zurück in die Stadt, durch die Kontrollen - ich lag im Kofferraum. Als ich dann wieder vorne saß, ritt mich der Teufel. Ich sah ein Straßenschild und erinnerte mich an eine Jugendfreundin, an der ich sehr hing. Ich ging rauf, und dann sind wir zu viert ausgegangen. Sie nahm einen Freund - einen Journalisten - mit. Ich ließ den verschlossenen Koffer mit den Tat-Kleidern und -Utensilien bei ihr in der Wohnung. Drei Tage später rief ich sie an, um eine Zeit auszumachen, zu der ich die Sachen abholen konnte. Wir trafen uns auf der Straße; sie kam 15 Minuten zu spät. Wir gingen die Straße entlang, als plötzlich neben einem Haus Polizisten 'raussprangen. Aus war's. Die dolle Liebe von einst hatte mich verraten. Der Journalisten-Freund hatte was gewittert, und die beiden hatten den Koffer zur Polizei gebracht."

 

Heute erklärt sich der Fach-Jurist - Driest wurde drei Wochen vor seinem ersten mündlichen Examen verhaftet - sein damaliges Handeln so: "Ich komme aus  einer sogenannten guten Familie, mein Vater ist Diplom-Volkswirt, meine Mutter war Klavierlehrerin, ich hatte vier jüngere Geschwister. Ich war ein renitentes Kind, ein widerborstiger Schüler, bekam Verweise, musste Schulen wechseln. Nach der Währungsreform wollten alle möglichst viel Geld machen. Ethische Normen fanden in der Praxis wenig Platz, die meisten heuchelten, spiegelten etwas vor und handelten nur zu ihrem Vorteil. Ich geriet in eine grundsätzliche Gegeneinstellung zur Gesellschaft, die mir ständig sinnlose Ordnungsvorschriften machte. Ich hatte während des Studiums mehr Umgang mit Arbeitern als mit Kommilitonen. Es gab damals noch keine Studentenbewegung, durch die ich Zugang zu theoretischen Gesellschaftsanalysen gefunden hätte. So habe ich gesellschaftliche Zustände zwar intuitiv erfasst, erkannte aber nicht die Zusammenhänge, die dahinter steckten, fand keine Erklärung, war frustriert.

  

Schließlich stand ich vor der Situation, in drei Wochen Examen machen zu müssen, mit der Perspektive, Recht sprechen oder akzeptieren zu müssen, das ich nicht als gerechtes Recht empfand. Ich fühlte mich zunehmend in die Ecke gedrängt, wollte angreifen, egal wie. Das führte zu dieser Kurzschlusshandlung."

 

Als Burkhard Driest im November 1968 aus dem Zuchthaus Celle entlassen wurde, war ihm die juristische Karriere natürlich verschlossen.

(In seinem Prozess hatte er übrigen vom Staatsanwalt erfahren, dass sein schriftliches Examen "in Ordnung" gewesen sei.) Der Entlassene schuftete im Hamburger Hafen, stellte sein markantes Gesicht Werbefotografen zur Verfügung, arbeitete als Kellner und Ausfahrer. Dann begann er zu schreiben: für KONKRET über Kinderkriminalität, Heilanstalten und Arbeitsmedizin; seinen zweiten Roman über die Schicksale zweier entlassener Häftlinge will es jetzt beenden. (Anmerkung: Vermutlich meint der Interviewer den Roman Endstation Freiheit, der ebenfalls von Reinhard Hauff erfolgreich verfilmt wurde. rk

   

(Quelle: Fernsehspiele Westdeutscher Rundfunk, Ausgabe Januar bis Juni 1974. Herausgeber: WDR-Pressestelle)

 

 

 

     

     

  

 

 

 

 

 

 

 

Layout: Rosemarie Kuheim

Bearbeitet: 26. Mai 2016

  

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