Fallstudien 

1979

 

Filmliste Hartmut Griesmayr

 

  

  

Regie

Hartmut Griesmayr

Drehbuch

Daniel Christoff

Redaktion

Peter Göbbels

Vorlage

-

Produktion

TV2000 und Fernsehproduktion GmbH & Co. KG, Wiesbaden, im Auftrag des ZDF

Kamera

Joseph Vilsmaier

Musik

-

FSK

ab 16 Jahre (?)

Länge

135 Minuten

Sonstiges

-

Auszeichnung

-

Ur-/Erstaufführung

19.11.1979

Genre

Lief in der Reihe "Fernsehspiel der Gegenwart"

  

    

  

Darsteller

Rolle

Barbara Morawiecz

Anita

Nina Hoger

Monika (Mona)

Monica Bleibtreu

Ina

Vérénice Rudolph, die heute u.a. als Professorin an der Filmakademie Baden-Württemberg und an der Kunsthochschule für Medien Köln arbeitet.

Lilo

Monika Lundi

(Interview mit der Zeitschrift "Emma")

Susann

Michaela May

Astrid

Bernd Tauber

Zuhälter Alex

Diether Krebs

Berni

Cornelia Meinhardt

Christian Brückner

Zuhälter

Heinz Schimmelpfennig

Liane Hielscher

Monas Mutter

Wilfried Klaus

Monas Vater

Martin Semmelrogge

Monas Bruder

Friedrich von Thun

Inas Ehemann

Lilo Hartmann

Heinz G. Diesing

Renate Küster

Dame vom Gesundheitsamt

Klaus Götte

Hans Jürgen Krützfeld

Horst Michael Neutze

Freier, Lilos Onkel

Robert Naegele

Bordellbesitzer

Erwin Scherschel

      

  

      

Inhalt

DAS UNGEWÖHNLICHE DIESER DREHARBEITEN: Dass eine Gruppe von Barbesitzern und Zuhältern auf gemeinsame Absprache hin in dem Augenblick die Lichter einer ganzen Vergnügungsstraße ausschaltet, in dem wir die Kamera aufbauten - auf Schwierigkeiten dieser Art waren wir leidlich eingestellt. Oder dass empörte Hausbewohner uns (zunächst) ein Motiv verbieten wollten, weil wir im Flur eines vorher für unbewohnt angegebenen Hauses obszöne Malereien angebracht hatten - mit so etwas mussten wir rechnen.

Größer wurde die Verunsicherung, als uns die "echten" Frauen beim Beobachten einer in ihrem Kontakthof inszenierten Szene sagten, dass "unsere" Frauen auf die gezeigte Weise wohl kaum ein Geschäft machen würden, und dann freilich doch kollegiale Tipps gaben; oder wenn eine sonst immer völlig "trockene", höchst professionell arbeitende Schauspielerin plötzlich heimlich zu trinken begann, weil sie die Szene so sehr genierte. Wie sehr wir am Rande der Belastbarkeit aller Beteiligten arbeiteten, das merkten wir nicht erst, als eine andere Darstellerin von echten Weinkrämpfen geschüttelt wurde, nachdem sie eine Vergewaltigung "gespielt" hatte.

  

Mein aufrichtiger Dank geht deshalb vor allem an die Frauen, die an diesem Film mitgearbeitet haben, an die, die mit ihren Informationen uns den Film erst ermöglicht, und an die, die mit ihrer uneitlen, selbstlosen Darstellung den Film glaubwürdig gemacht haben. Unsere bescheidene Gegenleistung bestand darin, dass wir jeden Anschein von Voyeurismus strikt vermieden haben - nicht als (männliche) Moralapostel, sondern als Reagierende.

  

So zeigt der Film weniger die Nacktheit der Frauen, decouvriert vielmehr die Nacktheit der Gaffer, Freier und Zuhälter, nicht zuletzt aber auch die Nacktheit der Macher selbst (mit wenigen Ausnahmen auch nur Männer), denn eines war und wurde während der Arbeit klar: Gewissenhaft Recherchiertes herzuzeigen allein genügt ebensowenig wie bloße Betroffenheit oder gar Mitleid, das ja So-anders-Sein voraussetzt und deshalb nur allzu selbstgefällig wäre.

  

Natürlich genügt auch kein Zweistundenspiel zur "Bewältigung" eines solchen Themas. Da freilich nie etwas "genügen" wird, wir uns aber darauf nicht berufen sollten, bleibt uns das "Wissen vom Nichtwissen", dem Wunsch nach dem Vermögenwollen des niemals ganz Vermögenkönnens.

 

(Quelle: Hartmut Griesmayr in Das Fernsehspiel im ZDF, Information und Presse/Öffentlichkeitsarbeit, Heft 26, September bis November 1979)

  

  

 

  

Die Frauen im Film

  

... Da ist Anita (glänzend gespielt von Barbara Morawiecz, R.K.) die älter werdende, trinkende und kaum noch verdienende Prostituierte, die wegen Mietrückstands aus einem drittklassigen Bordell herausfliegt und in der weiteren Bahnhofsgegend oft unter freiem Himmel arbeiten muss. Kunden: vorwiegend Gastarbeiter. Ein arbeitsscheuer Mann hatte sie eigentlich nur mit einem Kind nach dem anderen bedacht. Nun sind die Kinder nach dem Scheitern der Ehe in alle Winde verstreut. Aber auch Anita, obwohl auf der untersten Stufe der Leiter, klammert sich noch an Hoffnungen. In einer Kneipe liest sie die 15jährige Monika (Nina Hoger) auf, die aus einer strengen kleinen Beamtenfamilie nach ungerechter Behandlung durch ihren prügelnden Bruder und die etwas prüde Mutter ausgebrochen ist. Aus weitverbreitetem Schülerinnenleichtsinn hatte sie ihr erstes Erlebnis im Wald mit einem Autofahrer, der es darauf anlegte. Eine richtige Reaktion der Familie wäre ihr Halt und Rettung gewesen. Trotz treibt sie aus dem Haus, bringt sie auf den Autostopp - mit Gegenleistung. - Nun ist sie ohne Geld und nennenswerte Habe in der Stadt gelandet, die übrigens nicht näher bezeichnet ist und für jede andere Stadt im Bundesgebiet stehen kann.

Aus irgendeinem mütterlichen Instinkt, vielleicht auch aus anderen Instinkten, interessiert sich Anita für die Kleine, aber sie kann sie dem Zugriff eines Zuhälters nicht entziehen. Alex versteht es, in Monika die erste Liebe zu erwecken. Dann treibt er sie, zusammen mit Kollegen, brutal in die Prostitution. Auch ein Aufgreifen der Minderjährigen durch die Polizei und ein nochmaliger Startversuch zu Hause können ihren Weg nicht mehr ändern. Engstirnigkeit treibt sie zurück, und ein späterer glücklicher Zufall kann ihr und Anitas Schicksal nicht mehr aufhalten.

 

Ina (Monica Bleibtreu), Mutter von zwei Kindern, Tochter eines Aufsteigers aus kleinen Verhältnissen, führt eine kalte konventionelle Ehe mit einem angesehenen Juristen - die vom Vater ersehnten Status- und Nimbusehe. Äußerlich ist sie zu beneiden. Innerlich fehlt es an Wärme und Liebe. In einem Urlaub, den sie allein verbringt, lernt sie Berni kennen, der sich in sie verliebt. Sie erwidert seine Gefühle rückhaltlos. Berni macht keinen Hehl daraus, dass er verheiratet ist. Was er aber in Wirklichkeit ist und seiner Frau zumutet, erfährt Ina erst, als sie nach einem Selbstmordversuch und einer immer eisiger werdenden Familiensituation alle Brücken abbricht und zu ihm flieht.

  

Die attraktive und beliebte Medizin-Studentin Astrid (Michaela May) kommt aus guten Verhältnissen, wird aber von ihrem geschiedenen Vater mit seinen Fraueneskapaden nur unregelmäßig unterstützt. Astrid tröstet sich wie schon immer durch schöne Kleider und andere Besonderheiten, die sie sich leistet. Sie hat viele Freunde, geht auch in betont freier Lebensauffassung ins Bett, mit wem sie will, bis eines Tages ein vor ihr gepumpter Hundertmarkschein als Liebeslohn missdeutet wird. Über Gelegenheitsarbeit in einer Bar schlittert Astrid, scheinbar noch ihre Gunst freiwillig gewährend, immer mehr in die bezahlte, geschäftsmäßige Form hinein, bis eines Tages eine Dame vom Gesundheitsamt kommt, und sie als HwG-Person zur Untersuchung auffordert. Astrid will die Dinge vom Kopf her lösen, aber sie verstrickt sich tiefer und tiefer. Wir begegnen ihr schließlich im Kontakthof eines Eros-Centers.

  

Lilo (Vérénice Rudolph) ist dem Absprung am nächsten. Jedenfalls ist es ihr gelungen, sich vom Zuhälter zu lösen oder loszukaufen. Sie hat mit Sicherheit schon eine sechsstellige Summe auf dem Konto. Aber sie will immer noch weitermachen, um ihrer verhätschelten Tochter, die bei den nichtsahnenden Eltern lebt, all das im Übermaß zu geben, was sie bei ihnen zu entbehren hatte. Lilo führt ein ausgesprochenes Doppelleben. Im schweren Wagen mit kostbarem Pelz fährt sie auf Kundensuche. Im kleinen alten VW fährt die "Oberkellnerin" - so glauben die Eltern - sonntags übers Land zu Eltern und Tochter. Eines Nachts hat sie im Fond ihres Wagens eine Begegnung, die sie ganz direkt und persönlich mit einer der Ursachen ihres Werdegangs konfrontiert. Trotzdem: Wenn eine "rauskommen" sollte, hat man vielleicht am ehesten bei Lilo das Gefühl.

 

Alex hat mit Mona (früher Monika) zwar ein wegen seiner Jugend besonders zugkräftiges "Pferdchen", aber sie ist nicht sein einziges. Susann (Monika Lundi), die schon zehn Jahre ältere, ist schon länger in dem Beruf, und auch sie hat sicher einmal den Traum von der großen Liebe geträumt. Alex behandelt die Eifersüchtige von oben herab. Sie bringt nicht mehr so viel ein, ja, in letzter Zeit hat er den Eindruck, dass sie "bunkert". Durch Drohungen presst er die Wahrheit aus ihr heraus. Sie ist schwanger und sammelt heimlich Geld für die Abtreibung. Wütend wählt Alex den billigsten und kürzesten Weg und jagt die Kranke nicht einmal 24 Stunden nach der Absaugung wieder auf die Straße.

  

(Quelle: Das Fernsehspiel im ZDF, Information und Presse/Öffentlichkeitsarbeit, Heft 26, September bis November 1979)

 

  


  

 

 

 

  

   

   

   

   

   

   

    

   

   

  

Layout: Rosemarie Kuheim

Bearbeitet: 31. Oktober 2020

  

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