Brigitte Mira
Schauspielerin Sängerin
Brigitte Mira wurde am 20. April 1910 in Hamburg als Tochter des aus Russland eingewanderten Pianisten Siegfried Mira geboren.
Sie starb am 8. März 2005. Einen Nachruf findet man im TAGESSPIEGEL.
Als Schauspielerin entdeckte sie der Regisseur Eugen York, der mit ihr 1943 ausgerechnet eine propagandistische Kurzfilmserie drehte (Liese und Miese), die als Vorprogramm zu den Wochenschauen lief. Dabei war die "Liese" die 'Gute', die im Sinne der Nazi-Propaganda alles richtig machte. Dagegen machte die "Miese" alles falsch, hörte Feindsender und hortete Lebensmittel. Die Darstellungskunst von Brigitte Mira sorgte jedoch dafür, dass "Miese" beim Publikum mehr Anklang fand als "Liese" - gespielt von Gisela Schlüter, so dass das Propagandaministerium die Serie als kontraproduktiv bald wieder absetzte. (Kursivschrift: Wikipedia)
Von Walter Felsenstein wurde sie als Soubrette an die Komische Oper in Ost-Berlin verpflichtet. Zeitweise gehörte sie auch bei Willi Schaeffers dem "Kabarett der Komiker" und den Berliner "Insulanern" an. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs übernahm sie wieder Bühnenrollen: am Hebbel-Theater 1945 in der Operette " Pariser Leben", an der Komischen Oper in Ostberlin 1947 in " Die Fledermaus", beide inszeniert von Walter Felsenstein. Hier ist Brigitte Mira zu sehen mit ihrem unvergleichlichem Vilja-Song aus "Die lustige Witwe" von Franz Lehar, gesungen 1996 in der "Bar jeder Vernunft".
Ihr Spielfilmdebüt gab Brigitte Mira 1948 in Berliner Ballade (Regie: Robert A. Stemmle). In den 1950er-Jahren war die Schauspielerin aber vorwiegend in Volksstücken und Musicals zu sehen und gab Gastspiele mit der Kabaretttruppe "Die fröhlichen Spötter". Außerdem wirkte sie zunehmend in Spielfilmen mit, in denen sie häufig komische Nebenrollen übernahm, beispielsweise in ...und abends in die Scala (1958), Wehe, wenn sie losgelassen (1958), Du bist wunderbar und Schlag auf Schlag (beide 1959).
Im folgenden Jahrzehnt spielte die Mira sowohl in diversen Operetten und Musicals mit, wurde aber auch regelmäßig als "Soubrette vom Dienst" für Unterhaltungssendungen des Fernsehens verpflichtet. Erste Erfahrungen im Charakterfach machte sie in einer Bühneninszenierung von Thornton Wilders Die Heiratsvermittlerin (1967 [Link verweist auf das Stück mit Inge Meysel]), in einer TV-Version von Die Marquise von Arcis (bereits 1961) und in Mrs. Cheneys Ende (1965, Regie: Erik Ode).
Im Rahmen
der Fallada-Revue
Kleiner Mann - was nun?, die
Peter Zadek 1972 am
Bochumer Schauspielhaus inszeniert hatte wurde sie als Charakterinterpretin
entdeckt. Hier lernte sie auch
Rainer Werner Fassbinder
kennen. Meistens wird der Name Brigitte Mira ja mit beliebten Fernsehserien
verbunden, aber durch Fassbinder bekam sie ihre erste große
Charakterrolle als alternde Putzfrau Emmi, die den marokkanischen
jüngeren Gastarbeiter Ali kennenlernt und ihn entgegen aller Unkenrufe
heiratet. Mit dieser Rolle in dem Film
Angst
essen Seele auf wurde Brigitte Mira, mittlerweile 63 Jahre alt,
erstmals als Künstlerin wirklich gefordert. Was auch belohnt wurde,
denn für
Angst
essen Seele auf wurde sie 1974 mit dem "Filmband in
Gold" ausgezeichnet. Weitere Filme mit Fassbinder folgten, wie z.B. Mutter Küsters' Fahrt zum Himmel (1975), ein politisches Melodram, weiterhin ein in die Gegenwart transportierter Film, der 1929 von Piel Juzi inszeniert wurde: Mutter Krausens Fahrt ins Glück, *) "wo Mira eine von persönlichen Schicksalsschlägen getroffene, von den Medien und diversen politischen Richtungen manipulierte "proletarische Frau" verkörpert, die sich bis zuletzt pragmatischen Optimismus und den Glauben an das Gute im Nächsten erhält." *) (Kursivschrift zitiert aus Reclams deutsches Filmlexikon, 1984, von Herbert Holba, Günter Knorr und Peter Spiegel) oder die Döblin-Verfilmung Berlin Alexanderplatz (1980). Die Schauspielerin blieb zwar weiterhin primär dem leichtgewichtigen Fach treu, spielte aber auch zwischendurch ernsthafte Charakterparts, vor allem in Filmen anderer Jungfilmer aus der Fassbinder-Entourage.
Brigitte Mira war fünfmal verheiratet, 1940 heiratete sie den Schauspieler Peter Schütte, eine zweite Ehe mit dem Intendanten Paul Cornelius folgte. Danach war sie mit den Reporter Reinhold Tabatt verheiratet, aus deren Beziehung zwei Söhne stammen. Die vierte Ehe mit einem Ingenieur wurde ebenfalls geschieden. Im Jahre 1974 heiratete Mira den Regisseur Frank Guerente, mit dem sie 25 Jahre lang verheiratet war bis zu seinem Tod im Jahr 1983. Danach war Brigitte Mira gezwungen, sich wieder neu zu orientieren. Aber nach einer gewissen Zeit war sie dann wieder auf den Bildschirmen zu sehen, in Filmen wie Der Tod kommt durch die Tür (1983) und Im Schatten der Angst oder Serien wie Unternehmen Köpenick (1986). Besonderen Anklang beim Publikum fand ihr Mitwirken in der immer wieder seit 1978 verlängerten Serie Drei Damen vom Grill: ...ist eine ur-berliner Serie. Drei renommierte Schauspielerinnen - Brigitte Mira, Brigitte Grothum und Gabriele Schramm - spielen die drei gestandenen Frauen, die sich mit einem Grillwagen selbstständig machen und viel Turbulentes erleben. Hahn im Korb der drei Damen ist Günter Pfitzmann, ein weiteres Berliner Urgestein.
1988 erschienen unter dem Titel
"Brigitte
Mira - Kleine Frau - was nun?" die Memoiren der Schauspielerin und
Kabarettistin. Trotz ihrer zahlreichen Arbeiten für Film und Fernsehen kehrte
die Mira auch in den letzen Jahren immer wieder zu ihrer ersten Liebe - der
Theaterbühne - zurück.
Letztmalig war sie in Douglas Wolfsbergers Dokumentarfilm War'n Sie schon mal in mich verliebt? zu sehen, der am 9. August 2005 in Locarno seine Uraufführung erlebte. In diesem Film geht es um die Lebensgeschichte des Schauspielers und Operettensängers Max Hansen. Bei Wikipedia ist zu diesem Film zu lesen: "Der Titel zitiert ein Chanson gleichen Namens aus der Feder von Max Hansen. Neben Rundfunkarchivfunden, Filmausschnitten und Forschern wie dem Kabarett-Historiker Volker Kühn kommen Zeitzeugen und Nachfolger zu Wort, zum Beispiel auch die Schauspielerin Brigitte Mira. Der Film erhielt u.a. das FBW-Prädikat „Besonders wertvoll“.
Die sympathische Mimin starb im Alter von 94 Jahren und wurde auf dem Luisenfriedhof III in einem Ehrengrab Berlin Westend beerdigt.
Weitere Filme mit Brigitte Mira (Auswahl)
Ich kann nicht länger schweigen (Rolle: Frau Ohl), 1961, Regie Wolfgang Bellenbaum Der Film um den Paragraphen ß 218 verstand sich 1961/62, wenige Jahre vor der Einführung von Kontrazeptiva wie der "Pille", als Diskussionsbeitrag zum Thema und als Plädoyer gegen das Abtreibungsverbot. Die drei geschilderten Fälle stehen für "soziale Indikation" (kinderreich), "ethische Indikation" (Vergewaltigung) und die Gefahren der Kurpfuscherei (Engelmacherin). Fast alle Filme dieser Art blieben im Kino ohne kommerziellen Erfolg. Als Arzt ist der renommierte Schauspieler Charles Regnier zu sehen. (Quelle: Amazon)
Im Ballhaus ist Musike (Rolle: Molly Zwitscherini), 1959, Regie Thomas Engel
Die Zärtlichkeit der Wölfe (Rolle: Louise Engel), 1972, Regie Ulli Lommel
Angst essen Seele auf (Rolle: Emmi), 1973, Regie R. W. Fassbinder
Wie ein Vogel auf dem Draht (Eine Live-Show von RWF für Brigitte Mira >>> YOUTUBE) (sie selbst), 1974, Regie R. W. Fassbinder
Jeder für sich und Gott gegen alle (Rolle: Madame Dupont), 1974, Regie Werner Herzog
1 Berlin Harlem (sie selbst), 1974, Regie Lothar Lambert
Mutter Küsters' Fahrt zum Himmel (Rolle: Emma Küsters), 1975, Regie R. W. Fassbinder
Jeder stirbt für sich allein (Rolle: Frau Häberle), 1975, Regie Alfred Vohrer
Die Frau gegenüber (Rolle: Simons Mutter), 1977, Regie Hans Noever Ein alternder Ehemann wird zum Voyeur und Mörder. Leichtgestrickte Psychokiste. (Quelle: Lexikon Filme im Fernsehen, Verlag Rasch & Röhring, Hamburg, 1988)
Berlin Alexanderplatz (Rolle: Frau Bast, Wirtin), 1979, Regie R. W. Fassbinder
Kein Reihenhaus für Robin Hood (Rolle: Frau Meyerdierks), 1980, Regie Wolf Gremm
Kamikaze 1989 (Rolle: Personaldirektorin), 1982, Regie R. W. Fassbinder
Einmal Kudamm und zurück (Rolle: Toilettenfrau), 1983, Regie Herbert Ballmann
Ein Fall für zwei (...zum Tode verurteilt) (Rolle: Blumenfrau Moos), 1977, Regie Hartmut Griesmayr
Hannes Malzer scheint nicht nur
auf der Bühne als Darsteller des Othello oder des Danton Tragödien zu
durchleben, auch im privaten Bereich des Theaterstars und leichtlebigen
Frauenhelden ereignet sich Dramatisches. Die heißkalte Beziehung zu seiner
Bühnen- und Lebenspartnerin Paula, die am Ende ihrer Nerven zu sein scheint, der
Neid und Hass seiner Kollegen bringen ihn kaum mehr in Bedrängnis. Erst durch
Silvia Kosinsky, eine glühende Bewunderin, die zur Vorbereitung einer
Seminararbeit über das Regiekonzept seines "Othello" Kontakt zu ihm sucht und
findet, gerät Malzer in eine tödliche Verstrickung. Als er sie nach einer
Vorstellung mit zu sich nach Hause nimmt und das Gespräch über den aktuellen
Bezug der Othello-Inszenierung allzu forsch durch einen Kuss abkürzen will,
kommt es zu einem unschönen Zweikampf, an dessen Ende Silvia so unglücklich die
Treppe hinunterstürzt, dass sie leblos liegenbleibt. Als Malzer einen Arzt
alarmiert und seinem Freund Dr. Renz die Situation vor Ort zeigen will, um alle
weiteren Schritte zu überdenken, ist Silvias Körper wie vom Erdboden
verschluckt. Matulas Recherchen zum Hintergrund der mysteriösen Angelegenheit
werden in Gang gesetzt, weil ein Unbekannter Malzer für das Geschehene offenbar
zum Tode verurteilt hat. (Quelle: Odeon Film)
Klippen des Todes (Rolle: Doris), 1992, Regie Wolf Gremm
Für mich gab's nur noch Fassbinder (sie selbst), 2000, Regie und Drehbuch Rosa von Praunheim
Layout:
Rosemarie Kuheim |